Gemüse ist in! Bei Clean Beauty tauchen alle paar Monate neue, kuriose bis hin zu unkonventionelle Inhaltsstoffe auf: In Cremes, Shampoos oder Lotions verarbeiten Kosmetikhersteller diverse Pilze, Cannabis und Tomatenextrakt – große Versprechungen inklusive. Was steckt dahinter?
Es ist ein wenig wie beim Essen: Ein paar Blogger bewerben Goji-Beeren oder Quinoa als Superfood und zack sind die Einkaufsregale voll davon. Ganz unproblematisch ist das nicht. Beim Beispiel dieser Superfoods: Sie sind durchaus gesund, aber nicht regional. Lange Transportwege sind die Konsequenz und die wachsende globale Nachfrage führt zu einer stärkeren Ausbeutung der Bauern.
Die Ironie ist: Schwarze Johannisbeeren und Leinsamen wären die regionalen Alternativen. Sie sind aber nicht sexy genug, dass irgendjemand auf die Idee käme, sie als Superfood zu bezeichnen.
In der Kosmetik kommen und gehen ähnliche Trends, wenn erprobte Wirkstoffe wie Urea oder Hyaluron nicht mehr spannend genug klingen. Wir werfen einen Blick auf Pilze, Cannabidiol und rote Tomaten als kosmetische Inhaltsstoffe.
Pilze als Beauty Boost?
Mykosmetik ist Trend: Hersteller setzen auf Pilze wie Shiitake, Reishi oder den Kiefernschwamm und versprechen Energie für die Haut, Anti-Aging und ein strahlend schönes Hautbild.
In der Naturheilkunde sind Pilze ein beliebtes Mittel und schmecken ausgezeichnet, aber als Creme oder Shampoo?
Nachgesagt wird ihnen vieles: In der Heilpraxis sprechen sie von positiven gesundheitlichen Effekten und verweisen dabei auf die traditionelle chinesische Medizin, die seit Jahrtausenden Pilze einsetzt.
Die nachgesagten Effekte sind je nach Pilzsorte etwa ein Boost für das Immunsystem oder eine Fülle an Antioxidantien. Manche Pilze haben einen großen Gehalt an Selen, wodurch die Behandlung von Akne positiv verlaufen solle; andere sollen die Entwicklung von Krebszellen hemmen und der Hautalterung vorbeugen.
Das Problem ist, es fehlen die wissenschaftlichen Studien!
Wir konnten keine fundierten, klinischen Belege finden, die sich mit der Wirksamkeit und auch den Risiken (!) bei Pilzen in der Kosmetik auseinandersetzen. Das ist nicht ganz unproblematisch, denn die Verträglichkeit von Kosmetikprodukten ist unserer Meinung nach eine wichtige (wenn nicht die wichtigste) Voraussetzung für Feuchtigkeitscremes, Gesichtsreiniger und Co.
Bis wirklich einmal handfeste Studien vorliegen, werden Shiitake, Reishi und Chaga-Pilz in der Hautpflege ein Werbegag bleiben:
Hersteller befinden sich mit der Effektivität von Pilzen in einer noch schwierigen Situation und müssen ihre Botschaften mit enormer Vorsicht formulieren. Es könnte ihnen zu schnell auf die Füße fallen, würden sie einen nicht belegten Gesundheitsfaktor des Inhaltsstoffes hervorheben.
CBD: Entspannung für die Haut?
Cannabidiol ist nicht nur in der Hautpflege Trend: Der kleine, legale Bruder vom THC macht nicht stoned, soll laut CBD-Fans aber Schmerzen lindern, den Schlaf verbessern, entspannen und Entzündungen hemmen.
Der Wirkstoff findet sich entsprechend in immer mehr Produkten wieder. Es gibt CBD-Tropfen, CBD-Öle, CBD in Lebensmitteln und Getränken … und es gibt CBD in Kosmetikprodukten.
Die Annahme: Wenn der Stoff schmerzlindernd und entzündungshemmend wirkt, ist er dann nicht auch für die Haut gut?
Hautpflegeprodukte mit CBD wird nahegelegt, dass sie bei trockener Haut, Schuppenflechte, Ekzemen, Akne und Hautalterung helfen sollen. Wer sich die Produkte genauer anschaut wird merken:
Die Aussagen zur Wirkung einer Creme hängen immer mit den Inhaltsstoffen zusammen, deren Wirksamkeit klinisch belegt sind. Es sind also die guten, geprüften Inhaltsstoffe wie Aloe Vera, Urea, Hyaluron oder die Vitamine C und E sowie hochwertige Öle und Spurenelemente.
So spannend CBD als Wirkstoff sein mag, er hat dennoch das gleiche Problem wie die Pilze: Es fehlen belastbare Studien. Wir wissen nicht, ob CBD wirklich gesund für die Haut ist oder ob der Stoff sogar allergische Reaktionen hervorrufen kann. Therapeutische Wirkungen speziell für CBD dürfen entsprechend nicht beworben werden.
Beim CBD sind wir also auch hier in einer Grauzone. Im Zweifel lassen wir lieber die Finger davon, bis klinische Studien vorliegen.
Lycopin: Tomaten für die Hautpflege?
Jedes Kind weiß: Tomaten sind gesund! Und das verdanken sie dem Lycopin!
Der Stoff aus den roten Tomaten ist in der Gesundheits- und Beautyszene ein kleiner Alleskönner. Er gehört zu den Carotinoiden und ist damit ein Antioxidant, dass das Immunsystem stärkt und Krebs vorbeugt.
Lycopin schützt vor allen möglichen Krankheiten: Rheuma, Arthritis, Herzinfarkt, Schlaganfall, Sonnenbrand, grauer Star … und er soll auch der frühzeitigen Hautalterung vorbeugen.
Das konnten sogar Forscher an der Berliner Charité mit einer Studie belegen. Von 450 Probanden zwischen 40 und 50 Jahren haben sie die Konzentration von Beta-Carotin (ist in Möhren enthalten) und Lycopin ermittelt. Dabei haben sie festgestellt, dass gerade bei einer hohen Konzentration die Falten auf der Stirn deutlich weniger waren.
Was wir hier aber betonen müssen:
Lycopin wirkt am besten von innen. Konkret bedeutet das: Tomaten und Möhren solltest Du essen, um lange eine glatte Haut zu behalten!
Außerdem: Als Extrakt lassen sich die Stoffe oft schlecht aufbereiten, damit sie über eine Creme auch wirklich in die Haut eindringen können. Und ein Problem ist damit auch noch nicht behoben: Allergien können hier eine Gefahr darstellen.
Fazit: Es muss nicht immer der außergewöhnliche Inhaltsstoff sein
Du merkst, Pilze und Tomaten sind auf dem Teller möglicherweise die bessere Wahl, wenn es um Deine Hautgesundheit geht. Die positiven Effekte durch Cremes lassen sich durch Studien nur bedingt nachweisen – und allergische Reaktionen kannst Du solange nicht mit Sicherheit ausschließen.
Wir empfehlen: Geh bei Deiner Hautpflege auf Nummer sicher. Es gibt eine Vielzahl an hochwirksamen und klinisch getesteten Inhaltsstoffen, mit denen Du Deine Haut vor Falten, Pickeln und Trockenheit schützt. Und das muss nicht immer gleich extra fancy sein, sondern kann auch ganz bekannte Namen haben wie: Urea, Hyaluron, Squalan, Vitamin C und E.
Das bedeutet nicht, dass Du Pilze und Tomaten links liegen lassen sollst. Ganz im Gegenteil: Mach Dir einen leckeren und gesunden Salat draus!
#staysober
Simon